Im Süden gelten beim Segeln teils andere Regeln und Gebräuche als hierzulande. Was man für den Charterurlaub auf dem Mittelmeer wissen sollte
Sonne, Wärme und vielerorts eine moderate Brise. Dazu herrliche Ankerbuchten, verträumte Hafenorte und fast immer leckeres Essen – für viele Segler aus Deutschland und anderen nördlich gelegenen Ländern ist das Mittelmeer zur zweiten Heimat geworden. Zumindest für die Dauer eines Chartertörns. Jedes Jahr zieht es Tausende Crews an die Küsten und zu den Inseln Kroatiens, Griechenlands, Italiens, Frankreichs oder Spaniens. Für nicht wenige ist der Segelurlaub in diesen Ländern das Highlight des Jahres, und das nicht selten schon seit zig Saisons.
Infolge der Corona-Krise entdecken nun auch viele Segelneueinsteiger die Reviere des Mittelmeers als Feriendestination. Gelernt haben sie zumeist auf Nord- oder Ostsee oder auf deutschen oder niederländischen Binnenrevieren. Jetzt kommen sie das erste Mal an die Adria, Ägäis oder Riviera – und wundern sich. Manches, was man gelernt hat, wird im Süden anders gemacht oder gehandhabt. Ob beim Anlegen im Hafen, beim Ankern in engen Buchten, beim Segeln von einem Land ins andere oder bei der Wahl des abendlichen Restaurants, die teils schon mit der des Anlegeplatzes einhergeht: Wir haben nachfolgend die wichtigsten Besonderheiten zusammengestellt, die man kennen sollte, damit der nächste Törn im Süden auch tatsächlich ein Traumurlaub wird.
In den meisten Mittelmeerhäfen, mit Ausnahme von Griechenland, gehört es zum guten Ton, sich vor dem Einlaufen anzumelden. Einige Marinas bestehen sogar darauf, dass man sie vorm Einlaufen via Funk kontaktiert. Das hat Vorteile: Es erspart einem lange Sucherei, stattdessen bekommt man in der Regel einen passenden Platz zugewiesen. Und beim Eintreffen steht ein helfender Marinero bereit.
In der Regel wird mit dem Heck zum Steg angelegt. Über den Bugkorb mag im Süden niemand aufs Boot klettern. Stattdessen gelangt man über die Badeplattform und eine mitgeführte Stelling – oftmals ist das eine simple Bohle – an Land. Auch Gepäck und Proviant lassen sich einfacher übers Heck an Bord bringen. Nicht nur Anfänger haben vor dem entsprechenden Anlegemanöver aber Respekt. Vor allem wenn es gilt, die breite und lange Charteryacht in eine enge Lücke zwischen andere Boote zu bugsieren und dabei den Anker auszubringen oder nach der Muringleine zu angeln. Tipp: Die Stelling beim Landgang auf die Pier legen, damit sie nicht ins Wasser rutscht.
Murings sind Festmacherleinen, die am Grund des Hafenbeckens verankert und an der Pier gesichert sind. Von dort holt sie beim Rückwärtsanlegen ein seitlich achtern positioniertes Crewmitglied mit Hilfe des Bootshakens nach oben und führt sie nach vorn zur Bugklampe, wo sie stramm durchgesetzt und belegt werden. Da Muringleinen grob, glitschig und häufig mit scharfkantigen Muschelschalen bestückt sind, Arbeitshandschuhe tragen! Richtig auf Spannung gebracht wird die Muring, indem Lose auf die Achterleinen gegeben wird, das Schiff ein Stück nach vorn fährt, die Muring durchgeholt und belegt und dann das Boot mit Maschine wieder zurück zur Pier verholt wird. Danach die Achterleinen belegen. Tipp: Auch wenn es verlockend ist, um die Achterleinen bequemer ausbringen zu können, niemals mit abgeklappter Badeplattform rückwärts anlegen. Die hält im Zweifel einer Kollision mit der Pier nicht stand.
Die oft flinken und routinierten Assistenten der Hafenmeister nehmen einlaufende Crews in Empfang, lotsen sie zu ihren Liegeplätzen und helfen nicht selten auch beim Anlegen. Mancherorts fahren sie den Yachten schon mit eigenen Booten entgegen und helfen mit diesen beim Rangieren.
In vielen kleineren oder einfachen Kommunal- und Stadthäfen oder auch vor Restaurant- und Tavernenstegen sind oft keine Muringleinen zum Vertäuen des Schiffs vorhanden. Das ist insbesondere in Griechenland häufig der Fall. Stattdessen kommt dann beim römisch-katholischen Anlegemanöver der Buganker zum Einsatz. Vorher nachschauen, wie tief das Hafenbecken ist, um die erforderliche Kettenlänge abschätzen zu können.
Fehlt die Angabe in der Karte, einen Kreis vor der Pier drehen und die Tiefe am Echolot ablesen. Dann mit reichlich Abstand zur Pier den Anker fallen lassen und mit dem Heck voraus möglichst geradlinig an den auserwählten Liegeplatz zurücksetzen. Bevor die Achterleinen belegt werden, erst die Ankerkette stramm dichtsetzen. Merkt man dabei, dass der Anker nicht hält, das Manöver wiederholen.
Je voller der Hafen, desto mehr Ankerketten und -leinen liegen im Hafenbecken verteilt. Das endet dann ab und zu mit Ankersalat, sodass am nächsten Morgen der eigene Anker beim Aufholen eine fremde Kette fängt. Um das zu lösen, erst den eigenen Anker so weit aufholen, dass die fremde Kette erreichbar ist. Haken drunter oder Tauwerk durchziehen und an Bord belegen, danach eigene Kette fieren und Anker befreien. Funktioniert dies nicht, bleibt oft nur, einen Taucher das Chaos auflösen zu lassen.
Ein simpler Ausrüstungsgegenstand, der ins Törngepäck sollte – auf den Yachten selbst ist er meist nicht vorhanden. Der Haken kann der Crew den Tauchgang ins Hafenbecken ersparen, um einen Ankersalat aufzulösen. Dafür wird er an zwei Leinen befestigt, wobei die eine als Trippleine fungiert, die unter einer der Ankerketten eingehakt wird. Mithilfe einer Winsch kann diese Kette dann angehoben und der darunter liegende Anker eingeholt werden. Durch Anziehen der Trippleine und gleichzeitiges Fieren der anderen Leine wird der Haken wieder von der Kette gelöst.
Auf den Balearen oder auch in Kroatien gibt es zusätzlich zu den vielen Häfen auch immer mehr Muringbojenfelder. Die auf dem Meeresgrund verankerten Bojen dienen zum einfachen Festmachen des Schiffs. So finden mehr Boote Platz, und es werden auch Seegrasfelder davor bewahrt, von Ankern durchpflügt zu werden. In der Regel ist das Festmachen zwar kostenpflichtig, aber leider kein Garant für einen sicheren Liegeplatz. Am besten selbst mal schnorcheln gehen und schauen, ob die Muringboje in gutem Zustand ist und das Grundgewicht solide erscheint. Es kommt leider immer mal wieder vor, dass eine Leine morsch oder das Gewicht am Meeresboden dem Schiff nicht gewachsen ist. Im Schadensfall wird es schwer sein, den Betreiber des Bojenfeldes haftbar zu machen.
Kassiert wird von den Betreibern, die mit einem Boot längsseits kommen. In der Regel nehmen sie im Gegenzug den Müll zur Entsorgung an Land mit. Wer in derselben Bucht lieber frei ankern möchte, sollte mehr als die meist geforderten 150 Meter Abstand zu den Bojen halten. Sonst drohen hitzige Diskussionen mit dem Betreiber.
In engen oder vollen Ankerbuchten werden üblicherweise zusätzlich zum Anker Landleinen ausgebracht, um den Platz zum Schwoien zu minimieren. Auf diese Weise finden mehr Yachten Platz. Wenn die Gegebenheiten es zulassen, die Leinen entgegengesetzt der Windrichtung ausbringen und am Heck belegen. Vorsicht aber bei Winddrehern, etwa in der Nacht. Trifft starker Wind seitlich aufs Schiff, besteht die Gefahr, dass der Anker ausbricht.
Als Befestigung für die Leinen an Land keine Bäume nutzen, sondern möglichst große Felsbrocken ohne scharfe Kanten! Mancherorts sind Eisenringe für die Leinen vorhanden.
Vor vielen Stränden finden sich Badezonen, die mittels Bojen oder Bändern abgesperrt sind und die nicht befahren werden dürfen. Das gilt auch für Dingis mit laufendem Motor. Manchmal gibt es eine Schneise durch solch eine Zone oder einen Dingi-Steg, um anlanden zu können. Das Befahren einer ausgewiesenen Badezone ist nicht nur gefährlich für Schwimmer, sondern kann auch eine empfindliche Geldstrafe nach sich ziehen.
Der ablandige, kalte Mittelmeerwind aus Nordwest bis Nordost tritt an der französischen und der benachbarten italienischen Küste bis Genua auf sowie im Toskanischen Archipel und im Seegebiet zwischen den Balearen und Korsika. Er kann Sturmstärke erreichen. In den potenziell gefährdeten Revieren daher nie blindlings auf das vermeintlich gute Wetter vertrauen, sondern regelmäßig die Vorhersagen checken. Da sich Mistral ein paar Tage im Voraus ankündigt, kann man sich in der Regel rechtzeitig in einen sicheren Hafen verholen und einige Tage dort ausharren.
Ein Mittelmeerwind aus Nord bis Nordost mit teils sehr harten Böen, die kalt und trocken sind. Typisch ist er für die Ostküste der Adria, insbesondere Slowenien und Nordkroatien. Bei Anzeichen einer aufkommenden Bora frühzeitig reffen. In der Region zudem täglich die Wettervorhersage abhören. Die lokalen Meteodienste warnen sehr verlässlich vor einer Bora meist einen Tag im Voraus. Ist der Starkwind angesagt, im Hafen bleiben beziehungsweise den nächsten sicheren Hafen anlaufen.
Der feuchte, auflandige Wind aus Südost, auch bekannt als Scirocco, wird in der Regel von gelblichen Wolken und Regenstürmen begleitet. Nicht selten kommt es dabei zu heftigen Gewittern. Er führt meist eine Menge Sandstaub mit sich, sodass auch die Sicht sehr schlecht wird. Im Gegensatz zur Bora baut sich der Jugo über mehrere Tage auf, bis er seine volle Stärke erreicht hat. Es bleibt somit genügend Zeit, einen sicheren Hafen anzusteuern.
Vor allem in der Spätsaison können sich regional kleinräumige Windwirbel bilden, wie etwa auf der Adria. Sie erreichen Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 500 Stundenkilometern und richten mitunter entsprechende Schäden an. Es kommt sogar vor, dass mehrere Windhosen gleichzeitig entstehen, sie aber in verschiedene Richtungen rotieren. Wer beim Segeln einen solchen Wirbel entdeckt, sollte dessen Zugbahn beobachten und versuchen Abstand zu gewinnen. Nähert sich der Rüssel doch einmal, Segel runter, Motor an und entgegen der Zugrichtung flüchten!
Wird der Wind durch eine Engstelle gepresst, nimmt seine Geschwindigkeit deutlich zu. Das kann etwa zwischen Inseln der Fall sein. Berühmt für ihre Düse sind die Straße von Bonifacio zwischen Korsika und Sardinien sowie die Straße von Messina zwischen dem italienischen Festland und Sizilien. In solchen Regionen sollte man lieber früher als spät reffen. Meist ist die Zunahme des Windes auch an voraus auszumachenden weißen Wellenkämmen abzulesen.
In einigen Revieren gibt es lokale Regelungen, auf die man nicht von selbst kommt und nach denen man am besten den Vercharterer vor Ort fragt. Auf Sardinien etwa müssen 100 Meter Abstand zu Felsküsten, 200 Meter zu Sandstränden und 300 Meter zu Hafeneinfahrten eingehalten werden. Bei Verstößen drohen Geldstrafen. Lieber etwas mehr Abstand einkalkulieren, als später mit der Polizei zu diskutieren, die im Zweifelsfall immer Recht hat.
Die kleinen, mal rustikalen, mal richtig feinen Restaurants findet man an Kroatiens Küste und auf vielen Inseln. Meist gehören Stege oder Muringbojen dazu, an denen kostenlos festgemacht werden kann. Im Gegenzug wird dann allerdings und verständlicherweise erwartet, dass die Crew zum Essen einkehrt. Das Gleiche gilt für die Tavernen in Griechenland und die „Buschkneipen“, die sich vielerorts entlang der türkischen Ägäisküste finden.
Wer von einem Land in ein anderes segelt, zumal von einem Nicht-EU-Staat in einen EU-Staat oder umgekehrt, muss aus- und einklarieren. In Kroatien ist das etwa beim Schlag nach Montenegro der Fall. Angelaufen werden muss ein Port of Entry. Solange die Einklarierung nicht vollzogen ist, darf nur der Skipper von Bord. Benötigte Dokumente: Liste mit Namen, Anschrift, Geburtsdatum, Nationalität, Passnummer und Funktion der Mitsegler. Ferner der Bootsführerschein des Skippers, der internationale Bootsschein, eine Bestätigung des Vercharterers, dass der Skipper die Yacht führen darf, sowie der Versicherungsnachweis fürs Boot. Die türkisch-griechische Seegrenze sollte man momentan meiden. Der bürokratische Aufwand für den Revierwechsel ist groß und teuer, Spannungen zwischen den Ländern führen oft zu Problemen.
Fürs Segeln in einigen geschützten Regionen wie beispielsweise dem Maddalena-Archipel im Norden Sardiniens, dem Cabrera-Eiland vor Mallorca oder den Kornaten vor der kroatischen Küste wird eine Genehmigung benötigt. Die ist je nach Park teilweise kostenpflichtig und kann online oder in den Häfen der Umgebung erworben werden. Oft bietet auch der Vercharterer an, sich im Vorfeld des Törns bereits um die Genehmigung zu kümmern. In Kroatien kann sie auch vor Ort im Nationalpark gekauft werden, nur ist sie dann deutlich teurer. Wer Cabrera ansteuern will, muss vor Törnantritt rechtzeitig reservieren, da die Plätze begrenzt sind.
In einigen Häfen, wie im französischen Antibes an der Côte d’Azur, muss vor dem Einlaufen eine Yacht-Versicherungsbestätigung per E-Mail eingegangen und bestätigt worden sein. Am besten hat man das Dokument versandfertig auf dem Smartphone oder dem Tablet bereitliegen. Ansonsten kann es sein, dass die Einfahrt in einen Hafen verweigert wird.
In den Sommermonaten Juli und August sind die Marinas beispielsweise entlang der Côte d’Azur, auf Mallorca oder auch auf Sardinien proppenvoll und zugleich am teuersten. Außerhalb der Hochsaison fallen die Preise, während die Zahl der freien Liegeplätze deutlich ansteigt. Wer trotzdem im Hochsommer unterwegs ist, sollte entweder rechtzeitig einen Platz reservieren oder am frühen Nachmittag kommen.
In vielen Revieren lässt sich die Bordkasse schonen, wenn man statt einer privaten Yachtmarina einen öffentlichen Hafen ansteuert. Wer beispielsweise auf Mallorca in den dortigen Gemeindehäfen an der sogenannten Moll Transit festmacht, liegt dort ungleich günstiger. Rund um Mallorca finden sich zehn dieser einfach gehaltenen Anlagen. Einen Platz kann man für drei Tage über die Webseite www.portsib.es buchen. Die ist zwar auf Spanisch, aber das Übersetzen per Browserfunktion reicht aus, um zu verstehen, was zu tun ist. Der Aufwand lohnt, die Liegeplatzkosten sind an der Moll Transit um bis zu zwei Drittel niedriger.
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